Archive for April 2009

Solidaritätspsrinzip Grundgesetz + Verfassungsfragen

April 8, 2009

Berlin, 01.04.2009 (Originalbeitrag in Gänze)

JUNGE FREIHEIT – Die Wochenzeitung aus der Hauptstadt –
Kurzporträt (3min): http://www.jungefreiheit.de/video.htm
S. 22 FORUM

Artikel 146 Grundgesetz
Die fehlende Beteiligung des Volkes
von Jochen Theurer

Bei all dem Lob und der Anerkennung, die sich das Grundgesetz in den letzten 60 Jahren als „beste Verfassung, die wir Deutschen je hatten“, redlich verdient hat, wird oft übersehen, daß seine Entstehung wenig demokratisch war. Weder die Teilnehmer des Herrenchiemseer Konvents, die 1948 wichtige Vorarbeiten leisteten, noch die Mitglieder des Parlamentarischen Rats, die den Textentwurf in seine endgültige Fassung brachten, waren demokratisch gewählt. Zwar mußten zum Inkrafttreten des Grundgesetzes mindestens zwei Drittel der Länderparlamente zustimmen, doch war bei keiner der 1946/47 stattfindenden Landtagswahlen absehbar gewesen, daß die Abgeordneten 1949 über eine gesamtstaatliche Verfassung entscheiden würden. Sie hatten daher keine entsprechende Vollmacht und waren nicht legitimiert, die verfassunggebende Gewalt des deutschen Volkes auszuüben. Hinzu kommt, daß die Alliierten dem Parlamentarischen Rat inhaltliche Vorgaben machten und das Inkrafttreten des Grundgesetzes von ihrer Genehmigung abhängig war.

Der Parlamentarische Rat war sich dieser Defizite bewußt. Carlo Schmid, der Vorsitzende des Hauptausschusses, erklärte freimütig, daß eine Verfassung, die ein anderer zu genehmigen hat, „ein Stück Politik des Genehmigungsberechtigten, aber kein reiner Ausfluß der Volkssouveränität des Genehmigungspflichtigen“ und der Parlamentarische Rat daher nicht imstande sei, „eine deutsche Verfassung im vollen Sinne des Wortes zu schaffen“ (Parlamentarischer Rat, Stenographische Protokolle, 2. Sitzung am 8. September 1948; 9. Sitzung am 6. Mai 1949). Das Grundgesetz sollte daher nur als Provisorium dienen, bis das deutsche Volk sich selbst seine endgültige Verfassung geben würde. Diese Absicht zeigt sich deutlich sowohl am Anfang – in der Präambel hieß es ursprünglich „für eine Übergangszeit“ – als auch am Ende des Grundgesetzes. Artikel 146 enthält eine in der Verfassungsgeschichte bislang einmalige Regelung und bestimmt, unter welchen Bedingungen das Grundgesetz zugunsten einer neuen Verfassung außer Kraft tritt.

Nach dem ursprünglichen Wortlaut mußte die neue Verfassung vom „gesamten deutschen Volk“, das heißt auch von den in der sowjetischen Besatzungszone lebenden Deutschen, beschlossen werden. In Verbindung mit Artikel 79 Absatz 3, wonach bestimmte Grundsätze durch Verfassungsänderungen nicht berührt werden dürfen, und den Verfassungsschutznormen kam so klar zum Ausdruck, daß das Grundgesetz zwar bis zur Wiedervereinigung als die rechtliche Grundordnung Westdeutschlands gelten sollte. Danach sollte sich aber das geeinte deutsche Volk seine endgültige Verfassung selbst geben können.

Als 1990/91 vereinzelte Stimmen eine neue, gesamtdeutsche Verfassung forderten, waren die führenden Köpfe in Politik, Rechtswissenschaft und Medien jedoch bemüht, eine ernsthafte Verfassungsdiskussion erst gar nicht aufkommen zu lassen. Hierzu wurden der Öffentlichkeit in einer Flut von Aufsätzen, Interviews und Zeitungsartikeln immer wieder dieselben zwei Thesen präsentiert, warum eine neue Verfassung nun doch nicht möglich sei. Eine lesenswerte Zusammenstellung der wichtigsten Veröffentlichungen findet sich in Bernd Guggenberger/Tine Stein (Hrsg.), Die Verfassungsdiskussion im Jahr der deutschen Einheit, München 1991.

Vor allem der angesehene Verfassungsrechtler Josef Isensee behauptete unermüdlich, Artikel 146 habe nie die Funktion gehabt, ein – im übrigen auch gar nicht bestehendes – Legitimationsdefizit des Grundgesetzes zu beseitigen, sondern sei nur ein möglicher Weg zur Wiedervereinigung gewesen. Mit dem Beitritt der neuen Bundesländer nach Artikel 23 (ursprüngliche Fassung) habe Artikel 146 folglich jede Bedeutung verloren.

Ein solches Verständnis von Artikel 146 widerspricht jedoch allen anerkannten juristischen Auslegungsmethoden. Der Parlamentarische Rat hatte Artikel 146 primär zu dem Zweck geschaffen, das deutsche Volk gemäß dem Prinzip der Volkssouveränität selbst über seine Verfassung bestimmen zu lassen („inneres Selbstbestimmungsrecht“). Das Grundgesetz war nicht nur deshalb als Provisorium gedacht, weil es nur für einen Teil des deutschen Staatsgebiets Geltung erlangen konnte, sondern vor allem auch, weil es nicht in vollem Umfang dem freien Gestaltungswillen des deutschen Volkes entsprach. Carlo Schmid hatte während der Beratungen im Parlamentarischen Rat – ebenfalls nachzulesen in den Stenographischen Protokollen – ausdrücklich und unwidersprochen festgestellt, daß „selbst der Beitritt aller Länder“ Artikel 146 nicht überflüssig machen würde.

Die Legitimität einer Verfassung ergibt sich auch nicht allein aus ihrem Inhalt. In jedem anerkannten Verfahren legitimer Verfassunggebung kann das Volk mindestens einmal direkt seinen Willen äußern: entweder im Rahmen der Volksabstimmung über einen Verfassungsentwurf oder bei der Wahl der Abgeordneten einer verfassunggebenden Versammlung. Da die fehlende Beteiligung des deutschen Volkes durch die Wiedervereinigung nicht beseitigt wurde, ist die Möglichkeit einer späteren Verfassunggebung mit voller Legitimation durch das deutsche Volk nach wie vor sinnvoll.

Der Text von Artikel 146 enthält bezeichnenderweise auch keine Beschränkung auf den Fall der Wiedervereinigung. Daß Artikel 146 darüber hinaus Bedeutung hat, ergibt sich bereits aus dem Einigungsvertrag vom 31. August 1990, der in Artikel 5 dem Gesetzgeber empfiehlt, sich binnen zwei Jahren „mit der Frage der Anwendung des Artikels 146“ zu befassen. Das Bundesverfassungsgericht hat in bezug auf Artikel 146 ebenfalls unmißverständlich erklärt, daß nur eine vom deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossene Verfassung als endgültige Entscheidung über die staatliche Zukunft Deutschlands angesehen werde. Die Behauptung, Artikel 146 sei auf den Fall der Wiedervereinigung begrenzt, kann somit juristisch leicht widerlegt werden.

In der Folge kam dann die These auf, Artikel 146 habe zwar eine Ablösungsmöglichkeit enthalten, diese sei jedoch bereits „verbraucht“ – siehe zum Beispiel Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band VII, Paragraph 166. Das westdeutsche „Teilvolk“ habe durch jahrzehntelanges Leben unter der Ordnung des Grundgesetzes dieses als seine Verfassung „tätig angenommen“, die Annahme des mitteldeutschen „Teilvolks“ sei in der Zustimmung seiner gewählten Vertreter zum Einigungsvertrag zu sehen.

Hierbei handelt es sich aber um eine bloße Fiktion. Artikel 146 verlangt demgegenüber einen „Beschluß“, das heißt eine bewußte Entscheidung. Keine der bisherigen Bundestagswahlen wurde im Vorfeld zu einer Abstimmung über das Grundgesetz stilisiert, und auch bei der Volkskammerwahl 1990 war nicht absehbar, daß das Grundgesetz zwingend die Verfassung des geeinten Deutschland sein würde. Zudem wäre es in Artikel 146 ausdrücklich erwähnt und im Parlamentarischen Rat ausführlich erörtert worden, wenn für einen Verbrauch der Ablösungsmöglichkeit die unbewußte Akzeptanz seitens der Menschen ausreichen sollte – entgegen dem auch 1949 allgemein anerkannten verfassungstheoretischen Grundsatz, wonach eine demokratische Verfassung nur legitim ist, wenn das Volk ausdrücklich an ihrer Entstehung beteiligt war.

Beides ist aber nicht der Fall. Das dem Grundgesetz zugrunde liegende Menschenbild, welches von der prinzipiellen Gleichheit und Freiheit aller Menschen ausgeht, spricht im Gegenteil gerade für eine unmittelbare und ausdrückliche Beteiligung des deutschen Volkes. Aus der Freiheit aller Menschen folgt, daß sich jeder grundsätzlich so verhalten kann, wie er möchte, aus der Gleichheit, daß grundsätzlich niemand die Freiheit eines anderen beschränken darf. Staatliche Herrschaft läßt sich deshalb nur dadurch legitimieren (= rechtfertigen), daß diejenigen, die unter der konstituierten Ordnung leben, diese so wollen, der Einschränkung also zustimmen. Artikel 20 Absatz 2 formuliert dieses Prinzip so: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Es genügt nicht, daß die Staatsgewalt im Interesse und zum Wohl des Volkes ausgeübt oder von den Bürgern „tätig angenommen“ wird. Das Volk muß bei Errichtung und Organisation der politischen Herrschaftsgewalt seinen zustimmenden Willen vielmehr ausdrücklich kundtun.

Eine „tätige Annahme“ würde zudem voraussetzen, daß sich die „tätig Annehmenden“ über die wesentlichen Inhalte der angenommenen Verfassung im klaren sind. Dies ist aber nicht der Fall. Der durchschnittliche Leser wird aus dem Wortlaut von Artikel 146 den Schluß ziehen, das deutsche Volk könne sich jederzeit eine neue Verfassung geben. Nach Ansicht derjenigen, die die Ablösungsmöglichkeit für verbraucht halten, hat Artikel 146 eine solche Bedeutung aber gerade nicht. Diese These ist daher irreführend und abzulehnen. Artikel 146 ermöglicht es nach wie vor, das Grundgesetz zu ersetzen.

Die neue Verfassung muß vom deutschen Volk beschlossen werden. Ebenso wie in Artikel 20 Absatz 2 ist hierunter das Staatsvolk zu verstehen, also die Summe aller deutschen Staatsangehörigen. Darüber, wie der Beschluß konkret erfolgen muß, sagt Artikel 146 nichts. Aus dem Zweck, den geordneten Übergang zu einer vom deutschen Volk legitimierten Verfassung zu schaffen, kann abgeleitet werden, daß nur solche Verfahren in Betracht kommen, die sicherstellen, daß erstens das deutsche Volk seinen Willen tatsächlich zum Ausdruck bringen kann, daß zweitens das Vorliegen eines Beschlusses unzweifelhaft nachgewiesen und drittens der Beschluß auf breiter Basis akzeptiert wird. Erforderlich ist somit ein Plebiszit oder die Wahl einer verfassunggebenden Versammlung.

Um die Akzeptanz des Beschlusses sicherzustellen, sollten jedoch nur diejenigen Staatsbürger mitwirken, die eine entsprechende Einsichtsfähigkeit haben. Aus Praktikabilitäts- und Akzeptanzgründen sollte deshalb eine an die Strafmündigkeit angelehnte Altersgrenze von 14 Jahren gelten. Wer für sein Verhalten nicht strafrechtlich einzustehen hat, kann nicht in Anspruch nehmen, die Grundlagen der Rechtsordnung mitzubestimmen.

Artikel 146 gibt kein bestimmtes Quorum für den Beschluß vor, so daß die einfache Mehrheit genügt. Aus Artikel 29 Absatz 6, der bisherigen deutschen Verfassungspraxis und den Regelungen der einzelnen Landesverfassungen zu Volksentscheiden folgt aber, daß mindestens 50 Prozent der Abstimmungsberechtigten am Plebiszit bzw. der Wahl zur verfassunggebenden Versammlung teilnehmen müssen. Nur so wird die spätere Akzeptanz der neuen Verfassung sichergestellt.

Der Beschluß könnte auch von privater Seite herbeigeführt werden. Anders als für Verfassungsänderungen bestimmt Artikel 146 nicht, daß Bundestag und Bundesrat bei der Ablösung des Grundgesetzes mitwirken müssen oder dürfen. Als verfaßte Gewalten haben sie per se nur die Kompetenzen, die ihnen das Grundgesetz ausdrücklich zuspricht. Dazu gehört die Mitwirkung am Beschluß im Sinne von Artikel 146 jedoch nicht.

Der Beschluß muß in freier Entscheidung erfolgen. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts setzt dies voraus, daß sie frei von äußerem und innerem Zwang zustande kommt und ein „gewisser Mindeststandard freiheitlich-demokratischer Garantien“ gewahrt wird. Es muß sichergestellt sein, daß weder von privater noch von öffentlicher Seite auf die Willensbildung oder -äußerung unzulässiger Druck ausgeübt wird.

Die unzulässige Beeinflussung durch Privatpersonen kann mit Hilfe der bestehenden Rechtsordnung effektiv verhindert werden. Erheblich wahrscheinlicher ist aber, daß die verfaßten Staatsgewalten versuchen werden, einen von privater Seite organisierten Beschluß mittels der Verfassungsschutznormen (zum Beispiel Parteiverbot, Verwirkung von Grundrechten) oder des Straf- und Polizeirechts zu verhindern. Aus der Entstehungsgeschichte, der Systematik des Grundgesetzes und dem Zweck von Artikel 146 folgt jedoch, daß die Verfassungsschutznormen das Grundgesetz nur als Provisorium schützen und verhindern sollen, daß es auf eine von ihm selbst nicht vorgesehene, undemokratische Art und Weise abgelöst wird. Dabei geht es vor allem um die Sicherung von Struktur und Form des politischen Prozesses.

Voraussetzung für Sanktionen ist deshalb immer eine bestimmte Art und Weise des Vorgehens. Die Verfassungsschutznormen verlangen hierfür zumeist ein „aktiv-kämpferisches, aggressives Handeln“, die Staatsschutznormen des Strafgesetzbuches (zum Beispiel Hochverrat) setzen als qualifizierte Angriffsmittel Gewalt oder Drohung mit Gewalt voraus. Wer sich an der Durchführung des Beschlusses beteiligt und dabei keine Handlungen vornimmt, die aus dem Rahmen des bislang „politisch Üblichen“ fallen, hat nach der geltenden Rechtslage somit eigentlich keine staatlichen Sanktionen zu befürchten. Eine freie Entscheidung im Sinne von Artikel 146 ist daher – zumindest theoretisch – gewährleistet.

Ob die neue Verfassung inhaltlichen Bindungen – insbesondere Artikel 79 Absatz 3 („Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig“) – unterliegt, ist zwar unter Juristen höchst umstritten, praktisch aber von geringer Relevanz. Die Plebiszite über die Europäische Verfassung und den Vertrag von Lissabon haben gezeigt, daß die Völker einem tendenziell undemokratischen System die Gefolgschaft verweigern. Eine Verfassung, die den Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung widerspricht, wird im Rahmen von Artikel 146 folglich keine Chance haben. Unter den skizzierten Voraussetzungen ist die Inkraftsetzung einer neuen Verfassung somit nach wie vor möglich.

Jochen Theurer arbeitet als Rechtsanwalt in Stuttgart. Er hat in Tübingen und Dresden studiert und promoviert derzeit zu einem Thema über Artikel 146 Grundgesetz.

Foto: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland,
Wortlaut von
Artikel 146: „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ – Das Grundgesetz war nicht nur deshalb als Provisorium gedacht, weil es nur für einen Teil des deutschen Staatsgebiets Geltung erlangen konnte, sondern vor allem auch, weil es nicht in vollem Umfang dem freien Willen des deutschen Volkes entsprach.

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Berlin/Karlsruhe/Oeversee den 31.03.2009 VD-N
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 139
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 8. Oktober 2008 (BGBl. I S. 1926 (mit zukünftiger Wirkung))

Die zur „Be­frei­ung des deut­schen Vol­kes vom Na­tio­nal­so­zia­lis­mus und Mi­li­ta­ris­mus“ er­las­se­nen Rechts­vor­schrif­ten wer­den von den Be­stim­mun­gen die­ses Grund­ge­set­zes nicht be­rührt.

Dieser Auszug für sich alleine beantwortet die Frage nach der Legalität der BRD-GmbH und Ihrer Staatsstreichler aus sich selbst heraus. Denn hier ist eindeutig belegt, die BRD ist erloschen durch Wiedervereinigung, die Souveränität ist nicht gegeben und die Deutschen unterstehen nach wie vor Alliiertem Recht, das kommissarisch nur noch von den USA wahrgenommen wird.

Dieser Pseudozustand dient den USA auch im Hinblick auf die Gefolgschaft der NATO unter den Willen der USA. Deshalb tritt Frankreich wieder der NATO bei, um der deutschen Fremdherrschaft einen Ausgleich unter französicher Führung als Gegenpart zu der angelsächsichen Dominanz, zu verschaffen.

Wer jetzt noch an eine legale BRD glaubt, und Herr Prof. Dr. H.H. von Arnim, hat das Gegentiel längst wissenschaftlich juristisch belegt, glaubt schlicht und ergreifend an den Weihnachtsmann.

Vom fehlendem europäischen Bewußtsein und der Notwendigkeit nach Einigung.

April 8, 2009

Vom fehlendem europäischen Bewußtsein und der Notwendigkeit nach Einigung.

Angelehnt an „zession“ „Editorial“ Ausgabe 26 vom Okt. 2008

Von Karlheinz Weißmann, Florian Wolfrum, Ulrich March

VD-N 05.04.2009

„Europa“ ist ein Begriff, dessen Klarheit schon in Frage steht, wenn man sich um eine geographische Abgrenzung bemüht. Seine Eigenschaft als Kontinent ist jedenfalls nur unzulänglich begründet, der Zusammenhang mit Asien gegeben. Das Problem wird auch nicht kleiner, wenn man eine kulturelle Scheidelinie ziehen will. Dann kursieren nebeneinander Vorstellungen von Europa, die entweder das Erbe der antiken Mittelmeerländer in Anschlag bringen oder das Christentum, vielleicht aber nur das westliche Christentum und damit dessen mittelalterliche Ausformung und folgend Reformation, Aufklärung und Industrialisierung.

Selbstverständlich sprechen für die eine oder andere Entscheidung diese oder jene Gründe, kann man mit Recht darauf verweisen, daß ohne die griechische Sage vom Raub Europas durch den stiergestaltigen Zeus Europa sowenig zu denken wäre wie ohne die Rationalität der griechischen Philosophie, ohne die imperiale Zusammenfassung durch das römische Imperium sowenig wie ohne das Erbe des römischen Rechts, ohne die Christianisierung der germanischen Völker sowenig wie ohne das Karlsreich, ohne die Kreuzzüge sowenig wie ohne die geistigen Umwälzungen, die die „Europäisierung der Welt“ (Hans Feyer) heraufbeschworen.

Allerdings ist damit im eigentlich Politischen noch wenig gesagt. Die Bezugnahme auf eine kulturelle Identität Europas eignet sich deshalb so vorzüglich für Sonntagsreden, Absichtserklärungen und Präambeln, weil sie unverbindlich bleibt, keine klare Entscheidung erzwingt und ein Verbleiben im Sowohl-als-auch ermöglicht.

Anders war es nie. Historisch gesehen, hat sich ein gemeinsamer europäischer Bewusststein im politischen Sinn nur im Augenblick der gemeinsamen Bedrohung ausgebildet. Das deutete sich an in Griechenlands Abwehr der persischen Gefahr und gewann wirklich Konturen mit dem Aufruf zur Abwehr der Türkengefahr durch Pius II., jenen Humanisten Enea Silvio Piccolomini, der als erster Europa zur Einheit zwingen wollte nach dem Fall Konstantinopels 1453 und angesichts des weiteren Vormarschs „Asiens“. In seinen Überlegungen kamen schon zusammen: die Idee des antiken Erbes, der Christlichkeit und der Freiheit, die danach zu den entscheidenden Topoi der Europa-Rhetorik wurden.

Mehr aber auch nicht. Eine politische Gestalt hat Europa in der Neuzeit längst nicht mehr aus dem Glauben gewinnen können. (….)

Die Betrachtungen von Florian Wolfrum nun beschreiben die Frage nach der Verfassung Europas im Wirklichen wie im Formalen. In vortrefflicher Art werden hier die Fragen nach Rechten, sozialer Sicherheit, Verfassungsfrage im Verhältnis zur Akzeptanz“ und der alles entscheidenden Frage nach dem inneren Bewusstsein, also nach der Frage des „Bundes“ in diesem Sinne gestellt. Hier gilt eben auch das Solidarhitäsprinzip, das pariorisch jeder Vefassungsgebung zugrunde läge. Die Frage nach dem inneren Bewußsteins im Sinne eines Bundes, das mehr ist als das Zusammenrücken aufgrund einer Bedrohungslage, erfüllt der Rahmenvertrag als Worthülse für die eigentlich angestrebte Technokratieverfassung der institutionalisierten EU, nicht. Die EU mit Ihrem Versuch als freiheitlicher Verfassungsstaat selbständiger Nationalstaaten gehe insoweit ein Risiko ein, als es darauf angewiesen sei, daß die Bürger in ihrer Gesamtheit ihre je rollenspezifische Verantwortung erkennen und ihr gerecht werden.

Das ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit heute nicht gegeben. Auch deshalb nicht, weil die guten Ansätze nach dem Weltkriege, siehe hierzu das „europäische Manifest“ im weiteren Teil Europa II, die die alte Europabewegung, die soviel für Europa bewirkt und angeschoben hat, letztendlich gescheitert ist. Die dort beschriebenen Grundsätze, die ein europäisches Bewusstsein hätten in der Gunst der Stunde bewirken können, sind verpufft. Und hier kann gesagt werden, vorsätzlich der Verpuffung zugeführt, da schlicht und ergreifend die Nationalstrukturen und die nach wie vor und/oder wieder eingeführten Strukturen der gesellschaftlichen Verteilungs- und Machtebenen, neu etabliert wurden. Und diese Ebenen haben ihr Übriges dazu beigetragen, daß das Manifest bis heute, nicht seine Breitenwirkung im Bewußstsein für ein Bewusstsein in dem hier beschriebenen Sinne, an Wirkung entfalten konnte. So gab es halt die Nützlichen, die guten Europäer, die in ihren Parteien dann Aushängeschild wurden und in die einst Zweitrangigkeit europäischer Institutionen, inkl. EU-Parlament, entlassen wurden.

Dort haben sich zwar die einst Zweitrangigen zu wirklichen Politikern und Vorzeigeeuropäern gemausert, die auch Einfluß gewannen, was bis heute soweit gediehen ist, das das Monstrum EU-Verwaltung sich einen erbitterten Kampf mit den nationalen Ebenen liefert um Einfluß und Pfründe, jedoch im Ergebnis ist das Bewusstsein für Europa im hier beschriebenen Sinne des „Bundes“ einer Solidargemeinschaft als unabdingbare Vorraussetzung für eine Verfassung und staatliche Ausbildung, auf der Strecke geblieben.

Der Teil „die Grundlegung Europas“ von Ulrich March beschäftigt sich nun historisch wie geografisch mit der Frage Europa. Und hier ist festzuhalten, sprechen wir heute von Europa, so ist der Teil gemeint, der hier so trefflich als des Erbe des römischen Imperiums, auch geografisch beschrieben darstellt als Kern Europas, nämlich die christlich ausgeprägten Länder nach Teilung des römischen Imperiums in den östlichen Teil und den westlichen Teil. Diese Grenzen wirken und gelten bis heute fort. Hieraus ergibt sich dann auch der alte Ansatz von Charles DeGaulle des Gedankens „Europa der Vaterländer“ der eben auch den historischen wie kulturellen Rahmen, aus der Antike kommend, über das westliche Restimperiums Roms unter Weiterführung des christlich-germanischen Abendlandes Karls des Großen etc., beschreibt.

Es ist also zu hinterfragen, ob die Rückbesinnung auf Charles DeGaulle nicht heute eine bessere Antwort zu diesen Fakten aufweist, als die alte Europaidee des Bundesstaates. Diese Idee, die zwar richtig wäre, jedoch aufgrund des beschriebenen Solidaritätsprinzips und des Gedankens des Bundes, der sich aus allen Ebenen speist und nicht nur aus der möglichen Bedrohungslage, die innereuropäisch heute ohnehin nicht mehr erkennbar ist, nicht mehr erreichbar ist.

Hier beobachten wir periodisch auch immer wieder die Frage nach einer Kerngestaltung eines Europas als politischen Zusammenschluß als Mittelding zwischen Konföderation und Bundesstaat, bezogen auf eben die Altländer des weströmischen Imperiums als Fortbestand eines gemeinsamen Schicksals, das es gilt, zusammen zu fassen. Dieser Gedanke könnte Europa heute zur Wirklichkeit verhelfen. Eben als Gedanke, wie schon häufig beschrieben, als Kerneuropa eines neuen Gebildes als Staat über den Nationalstaaten, der eben über die Stufen von Assoziationen, eine Gesamteuropa zu bilden vermag, der Frieden und sozialen Wohlstand in Unabhängigkeit, sichern könnte.

Das jetzt bestehende Gebilde, so sehr es auch die Nachbarstaaten eben auch im Zusammenwirken mit der NATO als europäisch-militärische Sicherheitsklammer mit der billigenden Inkaufnahme der Führung der USA der NATO und der Gefahr, hier Handlager als Weltpolizist im Sinne der USA zu sein, wird auf Dauer scheitern. Zu sehr sind die Unterschiedlichkeiten, die tief in der europäischen Geschichte begründet sind, vorhanden. Die heutige EU hat nichts mehr mit der alten Idee Europas zu tun, die die Europabewegung, die aus dem Widerstand hervorgegangen ist, begründet hat. Insoweit ist die Europabewegung, wenn Sie Ihre Kraft nicht verloren hat, nach wie vor eine art APO.

Und genau an dieser Stelle besteht ein weiteres europäisches Problem, das einer Lösung zugeführt werden muß. Die offene deutsche Frage.

„Freiheit bedeutet Verantwortlichkeit, das ist der Grund, warum sich die meisten Menschen vor ihr fürchten.“ – George Bernard Shaw

„Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“
– Benjamin Franklin – (zu sehen auf jeder 100$ Note)

Ohne Freiheit keine Wahrheit – ohne Wahrheit keinen Frieden
(Karl Jaspers)

Das Elixier der Geschichte ist der Saft, aus dem Du Zukunft schöpfst. Nimmst Du es nicht ein, vertrocknest Du zu Lebenszeit und erfährst nie, wer, was und wozu Du bist.
(Rainer Karow)

Denn die offene deutsche Frage ist ein Pulverfaß, das irgendwann gezündelt werden könnte. Es ist bereits ein Bewusstseinswandel in Deutschland im Gange, das hinter der bestehenden Weltwirtschaftskrise und der Folgen nach Innen und Außen, an Gewicht zunehmen kann. Auch der Abbau des Sozialstaates, wenn auch immer noch per Politvorgabe mediengesteuert so getan wird, als wenn es um deren Erhalt ginge, wird nicht mehr lange greifen. Und wenn dann einmal die Gesamtumstände eben alles hochkochen lassen, ist hier genug Stoff, der Deutschland aufrollt. Ob das dann aus der sinnvollen Ecke kommt, ist jedoch fraglich. Und die Auswirkungen für Europa und Deutschland, dürften dann allerdings auch nicht gerade die sein, die man sich aufgrund der europäischen Geschichte, wünschen sollte.

Die Welt, Europa und Deutschland stehen heute am Scheidewege, was sich wiederum in die Äonenberechnungen zivilisatorischen Entwicklungsstadien der Menschheit nach den Untersuchungen von Prof. Otto Karow “Der kosmische Symbolismus und die Gebundenheit des menschlichen Denkens an den Kosmos“ belegen läßt. Hiernach hat die Welt, unabhängig noch von anderen Zyklen, so alle 2100 Jahre, gewaltige Veränderung erlebt. Das ist Fakt. Und wir leben mitten drin in einem derartigen Umbruch.

Aus alle dem ergibt sich, die Frage Europa wird letztendlich erst einmal eine philosophische bleiben und die mögliche Ausgestaltung eher auf die Grundlage der DeGaullschen Vorstellungen zurück gestutzt werden. Und in diesem Konzert kann die deutsche Frage gelöst werden. Jedoch nicht gegen europäische Interessen und nicht gegen Nachbarinteressen. Und schon gar nicht zum Preise der Rückführung auf eine Basis, die das Blutvergießen des zweiten Waffenganges eines zweiten dreißigjährigen Krieges im Kern Europas, ungeschehen macht. Hier müssen Alle beteiligten sich Zukunft gestalten, Regelungen und Ansprüche auf Selbstbestimmung nach Innen und Außen der Deutschen, jedoch zu lassen. Zum gegenseitigen Nutzen. Wenn das begriffen und akzeptiert wird, hat Europa eine Chance.